05.08.2020

Wie entsteht ein Landesgesetz?

von Redaktion Redazione
Formazione di una legge

Was ist ein Gesetz?

Gesetze sind vom Staat oder, wie im Falle Südtirols, vom Landtag erlassene, rechtlich bindende Vorschriften, die das Verhalten der Menschen in der Gesellschaft bestimmen. Wie wichtig Regeln für das Zusammenleben in einer Gemeinschaft sind, erfahren wir tagtäglich beispielsweise im Straßenverkehr. Aber auch Haus- und Schulordnungen regeln das Miteinander der Menschen, so wie es eben auch Gesetze im Land oder Staat tun. Verstöße gegen Gesetze ziehen entsprechend auch Konsequenzen nach sich. Gesetze sind jedoch keineswegs nur dazu da, um zu verbieten, Menschen einzuengen oder zu bestrafen. Vielmehr dienen sie dazu, das Zusammenleben der Menschen zu verbessern und gerecht zu gestalten. Das Ausarbeiten und Erlassen von Gesetzen ist daher eine verantwortungsvolle Aufgabe, die in Südtirol in vielen Bereichen der Landtag erfüllt. Deshalb bezeichnet man den Landtag als „das gesetzgebende Organ“ des Landes.

Werdegang eines Landesgesetzes

Die Gesetzgebungsfunktion ist sicherlich die bedeutendste Aufgabe des Landtages. Mit der Weiterentwicklung der Autonomie hat sich die Gesetzgebungsbefugnis zunehmend erweitert. Das heißt, dass die Zuständigkeitsbereiche, in denen der Landtag Gesetze erlassen kann, immer mehr wurden. Der Landtag muss beim Erlassen von Gesetzen die Verfassung des italienischen Staates, teilweise die Staatsgesetze, das Gemeinschaftsrecht und die internationalen Verträge einhalten. Bis zum 31.12.2020 hat der Südtiroler Landtag seit 1948 insgesamt 1.604 Gesetze erlassen. Alle diese Landesgesetze werden im Amtsblatt der Region Trentino-Südtirol und im Südtiroler Bürgernetz veröffentlicht.

Der vorgeschriebene Werdegang vom Entwurf bis zum verabschiedeten Gesetz ist ein komplexer Vorgang, der aber hinsichtlich der Bedeutung und Tragweite von Gesetzen zweifellos in dieser Form notwendig ist. Dieser Vorgang sieht vier Schritte vor:

  1. Gesetzesinitiative: Unter Gesetzesinitiative versteht man das Recht, ein Gesetz vorzuschlagen. Dieses Recht steht den Landtagsabgeordneten, der Landesregierung und dem Volk zu, zu Gemeindeangelegenheiten auch dem Rat der Gemeinden. Damit das Volk einen Gesetzentwurf einbringen kann, müssen mindestens 8.000 Unterschriften von wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern gesammelt werden. Dies nennt man ein „Volksbegehren“. Der Landtag hat die Aufgabe, Gesetzentwürfe zu prüfen. Die Gesetzentwürfe, die in Artikel unterteilt sein müssen, werden mit einem erläuternden Bericht beim Landtagspräsidenten bzw. der Landtagspräsidentin eingereicht. Sie werden dann an den zuständigen Gesetzgebungsausschuss zur Überprüfung weitergereicht.
  2. Prüfung des Gesetzentwurfs: Der Gesetzgebungsausschuss muss den Entwurf innerhalb einer bestimmten Frist prüfen. Er kann am Text des Entwurfs auch zweckdienliche Abänderungen vornehmen. Die Arbeitssitzungen der Gesetzgebungsausschüsse sind nicht öffentlich. Nach erfolgter Behandlung, wird ein Begleitbericht verfasst, in dem die Debatte und eventuelle Änderungen am Entwurf festgehalten werden. Jene Mitglieder des Gesetzgebungsausschusses, die dem Entwurf nicht zugestimmt haben, können einen so genannten Minderheitenbericht mit den Begründungen ihrer Ablehnung vorlegen. Der Gesetzentwurf wird dann zusammen mit den Berichten an den Landtagspräsidenten bzw. die Landtagspräsidentin zurückgeschickt und den Abgeordneten übermittelt. Diese Berichte sind Arbeitsgrundlage für die Abgeordneten, die anschließend den Gesetzentwurf im Landtag behandeln.
  3. Diskussion und Beschlussfassung: Die Behandlung des Gesetzentwurfs in der öffentlichen Sitzung des Landtags beginnt mit der eventuellen Verlesung des Begleitberichts, den der Gesetzgebungsausschuss verfasst hat, sowie der allfälligen Minderheitenberichte. Danach findet eine Generaldebatte statt. Das heißt, dass alle Abgeordneten, bzw. alle Mitglieder der Landesregierung ihre Meinung zum Gesetzentwurf vorbringen können und über Grundsätzliches zum gesamten Entwurf diskutiert wird. Anschließend folgt die Abstimmung zum Übergang zur Artikeldebatte: Falls angenommen, wird jeder einzelne Artikel diskutiert. Auch dabei können noch Änderungen am Wortlaut vorgenommen werden. Dazu haben die Abgeordneten bzw. die Mitglieder der Landesregierung die Möglichkeit, Abänderungsanträge vorzulegen. Nach der Abstimmung über jeden einzelnen Artikel, findet eine Schlussabstimmung über den gesamten Gesetzentwurf statt. Wenn auch der gesamte Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung verabschiedet wird (das heißt: wenn die Mehrheit dafür stimmt), wird er anschließend an den Landeshauptmann bzw. die Landeshauptfrau zur Beurkundung weitergeleitet.
  4. Beurkundung, Veröffentlichung und Inkrafttreten: Das vom Landtag verabschiedete Gesetz wird vom Landeshauptmann bzw. von der Landeshauptfrau beurkundet. Danach wird das neue Gesetz im Amtsblatt der Region Trentino-Südtirol veröffentlicht. Im Normalfall, also wenn keine gesetzlichen Vorgaben oder Bestimmungen etwas anderes vorsehen, dann tritt das Gesetz am fünfzehnten Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Region in Kraft.